3freunde2feinde Sebastian Brauneis
AT-2020, 109 Min., deutsch Originalfassung mit französische Untertitel
Regie, Buch, Originalton
Sebastian Brauneis
Mit
Marlene Hauser, Christoph Kohlbacher, Noah L. Perktold, Laura Hermann, Lukas Watzl, Christoph Radakovits, Robert Reinagl, Lisa Schrammel, Julian Loidl, Gerhard Kasal, Alain Asso, Samuel Machto, Frederick Machto, Valentin Brauneis
Kamera
Sebastian Brauneis, Valentin Brauneis (2nd Unit)
Schnitt
Sebastian Brauneis, Antonia Adelsberger
Musik
Nikolai Tunkowitsch
Produktion
Studio Brauneis
- English
- Deutsch
Director Sebastian Brauneis demonstrates with his new film that it’s possible to take a stance. Three friends undermine the cronyism in the firm that exploits them, and pull each other out of the capitalism swamp (which they’ll keep on falling into, they’re not naïve). Realized with no grants whatsoever, out of loyalty to his theme, Brauneis achieves a cathartic coup of a film with which he isn’t looking for a superficial consensus.
Einer der schönsten Wien-Filme der letzten Jahre verbirgt sich hinter dieser hinterfotzigen Komödie, die tagespolitisch aktueller nicht sein könnte. Es geht um familiären Postenschacher in einer Firma, die Schutzmasken und Chemikalien vertickt. Dort hackeln die drei Freunde um einen Hungerlohn, als sich ein Machtwechsel ankündigt. Ausgerechnet ein Maskenträger bringt vor versammelter Mannschaft den Stein ins Rollen, indem er unbemerkt auf den Neo-Chef schimpft. Klar muss der Übeltäter nun um jeden Preis ausgeforscht und dingfest gemacht werden ...
Die schönsten Momente erlaubt sich dieser ohne Förderung um nur knapp 2.500 Euro gedrehte Film immer dann, wenn er kurz innehält und uns etwa in einer langen Sommernacht zu Würstelständen und Vorstadtbeisln führt – und scheinbar mühelos wohlige Glücksgefühle verbreitet, als säßen wir Zuschauer mit dabei. Die dringend nötige Antithese zum verordenten Social Distancing dieser Tage. [Florian Widegger, Filmarchiv]
„Stick it to the man“ heißt so viel wie den Bonzen (gerne durch die Blume) den gestreckten Mittelfinger zeigen und ihnen mal ordentlich die Meinung sagen, mindestens. Kaum jemand in der jüngeren österreichischen Filmszene verfolgt diesen Leitsatz heute konsequenter als Sebastian Brauneis.
3freunde2feinde heißt sein neuer Film, in dem drei junge Leute den Postenschacher in einer Fabrik lahmlegen. Es geht aber noch um viel mehr in dieser melancholischen Komödie, für die Brauneis wohl primär aus Loyalität dem Thema und den Figuren gegenüber gar nicht um Fördergeld angesucht hat. Vorübergehend gestrandet im kapitalistischen System, arbeiten Johanna, Franzi und Emil (Marlene Hauser, Christoph Kohlbacher, Noah L. Perktold – zusammen bravourös, witzig, uneitel) für einen miesen Lohn in einer Firma, in der mit stinkenden Schachteln gehandelt wird (Genaueres erfährt man nicht). Alsbald soll der Oberschleimer Karli (schön: Christoph Radakovits) den Chefposten vom Papa übernehmen. Papas echter Sohn Heinzi (Lukas Watzl, immer pointiert), als lethargischer Lurch im Personalmanagement, ist dafür eher ungeeignet, wenngleich ebenfalls zu jeder sadistischen Schikane bereit. Kurz vor der Machtübergabe allerdings kommt es bei einer Versammlung vor den Mitarbeiter/innen zum (von Franzi und Emil) eingefädelten Eklat: Ein Mundschutzträger nennt Karli plötzlich „Arschloch“ – und erntet dafür den Applaus der Menge! Der Verbrecher muss selbstverständlich gefunden werden, und es wäre nicht Brauneis, würde dieser großzügige Streich von einem Film nicht spätestens jetzt in einer humanitären Katharsis kulminieren.
In seiner Sicht auf „das System“ ist Brauneis nicht zynisch, aber radikal (und radikal empathisch). Auch inszenatorisch sucht er keinen vordergründigen Konsens. Es ist Platz für Musicalsequenzen, improvisierte Dialoge und wunderbare Exkurse in die Peripherie.
Ein Running Gag, der sich in Varianten wiederholt im französischen Bistro „Le Troquet“ in der Wiener Kirchengasse zuträgt und dessen Besitzer (Alain Asso) involviert, bietet eine sensationelle Abwandlung des berühmten „Nein!-Doch!-Oh!“-Dialogs (Louis de Funès und Bernard Blier) und hält eine nicht zu unterschlagende Erkenntnis bereit für alle, die in einem französischen Lokal so gerne auf Französisch bestellen: Tun Sie es nicht.
Die drei Freund/innen realisieren einen Traum der Vielen: „They stick it to the man“ und ziehen einander unbeirrt aus dem Kapitalismussumpf. Vielleicht nur vorübergehend, aber ganz sicher immer wieder. Nicht mit Geld, nicht durch Opferungen. Aber durch Haltung. Durch Liebe. Und Loyalität.
Freundschaft!
(Katalogtext diagonale, Alexandra Zawia)